Hauptseite Der Rausfahrer-Report

20.8.00 Nordosten:
Afrika, Kleinbahn und Wassermühle

Vom GPS aufgezeichnete Strecke,
mit Waypoint+ geplottet

Tracklog zum Runterladen auf www.tracklog.de


landestypisches Hoppelpflaster9:30, Autobahnraststätte Stolpe. Der Wetterbericht sprach von ergiebigen Schauern und Gewitterregen. Unterm Tankstellendach blieb es trocken. Als auch der leichte Regen davor aufhörte, ging es nur kurz über die Autobahn, dann auf kleinen Verbindungswegen über Hohen Neuendorf, Birkenwerder und Lehnitz, durch Oranienburg und ab Nassenheide wieder auf Nebenstraßen in die Schorfheide. Der Boden war noch nass, die Sonne kam heraus und damit auch die Pilzsammler.

Will man die schönen Ecken der Schorfheide durchfahren, muss der gemeine Kraftradfahrer kleine und manche fast unüberwindbare Komforteinbußen in Kauf nehmen, denn hier findet man viele natursteingepflasterte Straßen, deren Steine sich im Lauf der Jahrhunderte schon mehrmals in ihrem Bett gedreht haben müssen. Diese Strecken fanden nicht immer die volle Zustimmung der Straßenmaschinenpiloten, aber die landschaftlichen Reize wurden nicht kritisiert. Jedenfalls gibt es nur 2 Geschwindigkeiten, mit denen man sie ohne Rahmenbruch befahren kann. Schritttempo oder 80-100, wobei letzteres wegen der höher liegenden Mitte der Wege, die auch noch glibschig, grasbewachsen oder durch fehlende Steine gekennzeichnet ist, Enduristen vorbehalten bleibt. Die meist parallel laufenden Sandwege sind eine Alternative. Was für die einen eine Rauchpause war, war für die anderen eine Obsteinlage, Exotik auf dem Landedenn die Blaubeeren waren reif und man versuchte emsig, sich vom Gedanken zu trenne, der Fuchs hätte seine Tags auf Blaubeeren gespritzt.

Der Zwischenstopp im vielgerühmten Roadrunners Paradise in Ahlimbsmühle fiel wie schon bei allen vorangegangenen Versuchen aus, weil derjenige, der für die Bewirtschaftung zuständig ist, seine Aufgabe im Aufstellen des Langnese-Eis-Schildes an der Bundesstraße erfüllt sieht.

Ein paar Dörfer weiter, kurz hinter Afrika, hat der Wirt das Handtuch geschmissen, die ersten Bestellungen storniert und einfach Feierabend gemacht, als er sah, dass 12 weitere Bestellungen drohten. Wie sagte Dieter? Die Leute sind zu blöde, das Geld aufzuheben, das auf der Straße liegt.

Rausfahrer at workMoment, was war das? Afrika? Ja, das gibt es in der Uckermark! Der Ort hieß einmal Hessenhagener Mühle, aber die brannte ab. Nach dem Krieg bauten Umsiedler ihre ersten Behelfsunterkünfte, teilweise im Boden versenkte Blockhäuser, die Dächer mit Erde bedeckt. Die "Urbevölkerung" nannte den Ort deshalb Afrika - bis heute.

In Gramzow konnte man dann was seeehr mittelmäßiges zu völlig unangemessenen Preisen essen. Die "Grüne Linde" ist keine Empfehlung, wohl aber das am alten Gramzower Bahnhof residierende Klein- und Privatbahnmuseum.

Ein voller Lokschuppen, viele Waggons, Loks und nette Leute, die das Museum machen, lohnen einen Besuch. Im Eintritt enthalten ist die Fahrt auf einer muskelbetriebenen Draisine, die auf Rügen ihr Leben verbracht hat und ihren Lebensabend in Gramzow. Außerdem gibt es seltsame Motordraisinen (auch auf Schwalbe-Basis), eine Werkstatt, Gleisbauwagen und die Gelegenheit, mal selbst den Hebel umzulegen, der ein Signal stellt.

Weiter nach Nordosten - zur Salveymühle 3 bei Geesow. Der Bach trieb im Tal einst eine ganze Reihe von Mühlen an, die dritte blieb leidlich erhalten. Zu Zeiten der DDR wurden ganze Gebäudeteile in den Teich und den Bachlauf geschmissen und der Graben zugeschüttet. Es wurde überhaupt nicht darüber nachgedacht, was die Folgen sind. Dass der Keller bald unter Wasser stand, die Exkremente darin herum schwammen und das Haus langsam von unten zerfiel, war offensichtlich egal. Um zu verhindern, dass die uralten und teilweise aus Feldsteinen gebauten Häuser auf dem Gelände als Datschen benutzt werden, wurden sie einfach eingerissen. Die LPGs haben für eine exorbitante Nitratbelastung des Bodens gesorgt. Ein 65 tiefer Brunnen musste gebohrt werden, um in einer Gegend mit so viel Oberflächenwasser genießbares zu finden.

Engagierte, dem Naturschutz verpflichtete Leute haben aus einem verfallenen Anwesen wieder die Mühle werden lassen, die dort durch die Kraft des Wassers Korn gemahlen und Holz zersägt hat. Eine Ausstellung über zwei Etagen erklärt viel zur Wasserkraft und den Wasser- und Windmühlen in Brandenburg.

Auf dem Rückweg über Schwedt, Chorin, Eberswalde und Bernau gerieten wir in die Reste eines Unwetters über Berlin. Trotzdem kamen wir noch einigermaßen trocken bis zum Marinella.



THE END

Home

seit 27.8.00